Mit dem Bike in Kirgistan - Teil 1
  
Anne / 17. Jul 2016 Erkundungstour , Mountainbike , Reisebericht , Kirgistan

Mit einem Kurzfilm bei den European Outdoor Film Festivals wurde unser Interesse an Kirgistan geweckt. Ein Biker aus England war allein unterwegs gewesen… inmitten einer grandiosen Natur… weite Steppen, schneebedeckte Berggipfel, tiefblaue Seen. 

Und viel mehr wussten wir auch nicht über dieses Land, als wir uns auf dem Weg zum Flughafen machten. Zum Teil aus Zeitmangel, zum Teil, weil wir uns einfach überraschen lassen wollten, hatten wir uns vor unserer Tour nicht wirklich mit unserem Reiseziel auseinander gesetzt.
Jetzt standen wir mit gepackten Rucksäcken und unseren Bike-Taschen am Check-In der Turkish Airlines. Der Typ am Check-In fragt verwundert, was es so Besonderes in Kirgistan gibt, weil er jetzt schon einige Leute eingecheckt hat, die die Bikes dabei hatten. „I don´t know, we will see“ ist meine Antwort.
Der Flug nach Istanbul überrascht uns, so viel Service kennt man nur noch von wenigen Airlines. Es gibt eine Menü-Karte und Bordunterhaltung an jedem Sitzplatz, das Essen wird von einem echten Koch serviert und überhaupt ist die Crew ganz nett drauf. 
Am Flughafen in Istanbul treffen wir unseren 4. Mitstreiter, der aus Hamburg angereist ist. Nach einem gemeinsamen Mitternachtssnack geht unser Weiterflug nach Bischkek. Jetzt sind es noch einmal 4,5 Stunden Flug...
Viel Zeit zum Schlafen bleibt nicht, und gegen 8 Uhr früh kommen wir den Flughafen Bischkek immer näher. Unter uns sieht man eine endlose braun-gelbe Ebene. Zwischendurch glitzern immer wieder kleine Tümpel, die aber eher wie Salzlachen aussehen.
Je näher wir Bischkek kommen, um so mehr bebaute Felder können wir erkennen. Aber... von Bergen weit und breit keine Spur. Wir sitzen wohl auf der falschen Seite im Flieger.
Der Flughafen Bischkek besteht aus 2 kleinen Gebäuden, da ist selbst der Innsbrucker Flughafen groß dagegen. Die Passkontrolle verläuft sehr gemütlich und problemlos, und ganz schnell haben wir den Einreisestempel im Ausweis.
Draußen am Arrival-Gate erwartet uns Vasyly, ein lokaler Guide, mit dem wir unsere Tour vorab geplant hatten. Zusammen mit einer deutschsprachigen Kollegin bringt er uns gleich zum Van. Schnell werden die Räder verstaut und dann geht es erstmal ins Hotel.
Hier gibt es dann schon wieder Frühstück. Echter russischer Zupfkuchen, Weißbrot, Ei und Marmelade. Der Flug hat uns hungrig gemacht und von daher ist eh egal, was auf dem Tisch steht. Wir besprechen kurz den weiteren Ablauf des heutigen Tages, dann gönn ich mir eine Dusche und werf mich erstmal ins Bett.
Die Jungs bauen in der Zwischenzeit die Bikes zusammen und stellen dabei fest, dass ein Schaltauge gebrochen ist – Mist. Wir haben zwar "Ersatz-Augen" mit, aber die passen nicht an diesem Bike. Wir können also nur auf einen lokalen Bike-Händler hoffen.
Zum Mittag fahren wir wieder Richtung Zentrum. Wir brauchen noch Bargeld, was aber gar nicht so einfach ist. Es gibt zwar hunderte Automaten in der Stadt, aber unsere ganzen Karten werden abgewiesen. Schließlich spuckt uns ein Automat im Hyatt endlich Geld aus. Pro Abhebung 10.000 Son. Das sind etwas mehr als 100 Euro, womit man nicht weit kommt, wenn man die ganze Tour noch zu zahlen hat. Also hebt man peu-a-peu sein Geld ab, und die Amerikaner am Nachbarautomaten tun das gleiche....
Dann geht´s weiter in ein Restaurant. Es gibt leckeren Tomaten-Gurken-Mozarella-Salat und anschließend gegarte Teigtaschen, die mit Hammelfleisch und Zwiebeln gefüllt sind. Der Salat ist voll lecker und schmeckt nach richtigen Tomaten, das Hammelfleisch ist nicht so ganz mein Ding. Den letzten Bissen muss ich mit reichlich Wasser nachspülen.
Roy quetscht während des Essens unsere Stadtführerin aus... sie muss ihm wirklich jedes Detail erklären. Egal, ob es um ihr Studium geht oder um die Schafzucht der Nomaden. Vielleicht hat er das ja wirklich ernst gemeint, mit „Vielleicht bleibe ich ja hier“?
Nach dem Essen fahren wir zum Bike-Shop. Der Typ hat zwar so ziemlich jedes Schaltauge dort, was irgendwann mal gebaut wurde, aber leider kein passendes für Tom´s Bike.
Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich für 10 USD pro Tag ein Bike auszuleihen. Natürlich ist dieses Bike nicht mit seinem eigenem zu vergleichen. Echt ärgerlich!
Wir packen das Bike in den Van und dann geht unsere Stadtbesichtigung los.
Ganz ehrlich, nach dem 3. Denkmal hab ich nicht mehr so genau zugehört, für wen genau es errichtet wurde, und wann, und warum, und überhaupt. Ich muss mich schon zwingen, ein paar Fotos zu machen.
Die sozialistische Architektur ist sehr dominant, und nicht unbedingt als schön zu bezeichnen. Die Stadt macht insgesamt einen sehr verschlafenen Eindruck. Vielleicht liegt es ja daran, dass Sonntag ist? Die Straßen sind nicht wirklich voll, und in den vielen Parks tummeln sich immer nur ein paar Leute beim Eis essen, Fahrrad-Fahren oder Hochzeit feiern. Unsere Begleiterin bemüht sich redlich, uns alle wichtige Infos zur Stadt und zur Geschichte zu geben, aber ich glaube, dass nur noch Roy wirklich zuhört.
Wir besuchen noch das Museum für Geschichte. Es könnte ganz interessant sein, wenn man nicht einfach mal todmüde wäre, und die Beschriftungen zumindest auf englisch wären. Lenin steht dort, und andere kommunistische Idole, die wir aus der Schulzeit kennen, aber wie waren noch gleich die Namen? Egal, ganz ehrlich...
Auf einmal taucht unser Van wieder auf und ich bin froh, dass ich mich nicht mehr selbst bewegen muss.
Im Hotel geben wir noch unsere ganzen Geldbündel bei der Agentur-Chefin ab. So ganz geheuer ist mir das ganze nicht, aber es wird schon passen. Jetzt muss sie sehen, was sie mit dem ganzen Bargeld macht. 
Die Jungs basteln noch ein wenig an Tom´s Ersatzbike rum. Echt blöd gelaufen für ihn... Und ich will einfach nur noch schlafen!
Aber - gegen 19 Uhr fahren wir zusammen in´s nächste Restaurant. Ganz romantisch... es sind nur 2 Tische besetzt, einer davon ist unserer. Die Bühne ist dekorativ in blau beleuchtet. Und im schönsten russisch trällern abwechselnd eine Dame und ein Herr Lieder ins Mikrofon. 
Wir versuchen Essen zu bestellen. Scheinbar gibt es nur Schaschlik von der Ente oder vom Hasen. So zumindest verstehen wir es. Na dann bestellen wir mal.
Erst kommen 4 verschiedenen Salate...sehr lecker. Einen taufen wir Marcel... warum auch immer. Es ist scheinbar Hase mit Käse und das russische Wort dafür klingt eben wie MARCEL. Die Schaschlik-Spieße sind ungefähr einen Meter lang. Dazu gibt´s ein großes Bier, was ganz lecker ist. Als Nachspeise testen wir Eis. Das ist aber nicht so lecker. Das „kleine“ Eis besteht aus ca. 5 Kugeln rosa Eiscreme mit ein paar Früchten drauf.
Irgendwann verfehlt das Bier seine Wirkung nicht, und wir fallen todmüde ins Bett.

Weiter geht es hier!