Mit dem Bike in Kirgistan - Teil 5
  
Anne / 01. Dec 2016 Reisebericht , Erkundungstour , Kirgistan , Mountainbike

Wir erkunden Naryn und setzen unsere Tour durch das Ak-Sai-Valley fort.

Naryn ist jetzt nicht unbedingt eine Stadt voller touristischer Attraktionen. Aber da heute ein lokaler Feiertag ist (welcher, können wir nicht rausfinden), ist doch einiges los in der Stadt. Es schaut aus wie am 1. Mai zu DDR-Zeiten. Ein paar Funktionäre halten Reden, die Kinder spielen auf der Straße, ein paar Mädels in traditioneller Tracht tanzen. Da wir den Reden sowieso nicht folgen können, versuchen wir, ein paar Postkarten zu kaufen. Problem Nr. 1 - man muss die Post erstmal finden. Problem Nr. 2 - die Postbeamtin muss es erstmal schaffen, die Postkarten, die aus den 80´ern stammen, aus dem Tresor zu holen. Anschauen darf man, aber nicht Anfassen.  Problem 3 (welches sich als unüberwindbar herausstellt) ist, den Preis für die Postkarten heraus zu finden. Nein, wir sollten doch lieber zur Hauptpost gehen, da sie uns nicht den falschen Preis sagen möchte. Da wir keine Zeit mehr haben, die nächste Post zu suchen, vertagen wir das Shoppen auf´s nächste Mal. Wir fahren raus aus der Stadt, um am späten Nachmittag unser Lager zu erreichen. Es ist ziemlich kalt und schaut nach Schnee aus. Nach dem Abendessen schafft es Lyda irgendwie, Holz zu besorgen, und wir können uns am Lagerfeuer aufwärmen. Am nächsten Morgen wartet ein weiterer Pass auf uns. Zum Glück ist das Wetter wieder besser geworden. Auf dem Weg nach oben kommen uns immer wieder Hirten mit ihren Pferdeherden entgegen. Ab und an grüßen sie uns, aber meist tun sie so, als ob wir gar nicht da wären. Sie sind halt ein stolzes Volk und können nicht verstehen, warum man sich auf einem Fahrrad einen Pass hochquält. Wahrscheinlich wollen sie mit Verrückten nichts zu tun haben ;-)
Oben angekommen erwartet uns der Hinweis zur Border-Zone. Das knall-bunt angemalte Grenzhäuschen ist allerdings menschenleer. Tarnfarben sehen aber anders aus. Wir machen ein paar Fotos und fahren dann wieder bergab, um wenig später den eigentlichen Grenzposten zu erreichen. Eine Flasche Wodka hilft, um den Grenzbeamten zu überzeugen, uns über die Grenze zu lassen. Wirklich Grenze ist es ja nichtmal, die liegt weiter hinten, aber es ist ein Grenzstreifen, den man nur mit einer speziellen Permit passieren darf - und einer Flasche Wodka eben. Wir erreichen das riesige Ak-Sai-Tal. Der Wind ist wieder so heftig, dass wir nur schwer vorwärts kommen. Unser Camp liegt inmitten der Steppe, kilometerweit ist nichts und niemand zu erkennen. Aber doch kommt irgendwann wie aus dem Nichts ein bewaffneter Nomade mit seinen 4 Pferden angeritten. Er checkt kurz die Lage, wirft uns noch einen prüfenden Blick zu, und verschwindet wieder. Also echt - gesprächig sind die Leute hier nicht gerade. Und scheinbar auch nicht neugierig genug - schade eigentlich. Wäre sicher interessant, ein paar Infos mit ihnen auszutauschen. Die Abendsonne taucht die Steppe in ein fantastisches Orange. Der Sternenhimmel ist dann noch viel imposanter. Die Sterne sind scheinbar einfach zum Greifen nahe. In der Nacht stürmt es recht heftig und irgendwie gibt es recht komische Geräusche da draußen. Erst als es hell ist, trauen wir uns raus. Und jetzt erklären sich auch die Geräusche - es hat geschneit, und das scheinbar klumpen-weise. Oh Mann, das gibt es doch nicht. Gestern noch ca. 20°C, heute ein paar Zentimeter Schnee und eine Sicht von ca. 300 m. Wir überlegen zwar, entscheiden uns dann aber doch für die Jeeps. Im Nachhinein betrachtet war das auch besser so. Die Straße zieht sich ewig lang dahin. Immer geradeaus, keinerlei Abwechslung. Langweilig... Im Auto geht das alles wenigstens etwas schneller. Und trotzdem zieht sich die Strecke ewig. Das liegt wahrscheinlich am tristen Grau. Eine Straße ist irgendwann nicht mehr zu erkennen. Das liegt aber nicht am Schnee, sondern am Fluss, der die Straße irgendwann scheinbar geschluckt hat. Ab und an stehen noch ein paar Holzpfosten in der Gegend rum, die sollen wahrscheinlich die Straße markieren. Ein Hirte schickt uns zurück, weil er meint, die Brücke ist sowieso kaputt. Also fahren wir gleich so durch das Flussbett, es ist eh kaum Wasser drinnen. Dann sehen wir auch die Reste der Brücke - ja, es war besser, gleich durch den Fluss zu fahren. Wie eine Fata Margana taucht auf einmal eine kleine Herde Kamele vor uns auf. Ja, wir müssen anhalten und jeder macht ein paar Fotos. Gut wäre es, die Tiere anfassen zu können, denn irgendwie wirkt das alles nicht echt. Weit und breit keine Menschenseele, und auf einmal stehen 5 Kamele im Schnee vor uns??? Dann kommen wir wieder an den Grenzstreifen. Der besteht teilweise aus 3 parallel zueinander verlaufenden Stacheldrahtzäunen. Aller hundert Meter steht ein rostiger verlassener Wachturm. Natürlich müssen wir auf einen hoch klettern. Wir können bis zum Chatyr-Kul-See schauen, der auf 3500 hm liegt. Da es sich um ein militärisches Sperrgebiet handelt, kommen wir nicht näher an den See ran. Allerdings erreichen wir wenig später die richtige Grenze zu China. Eine lange LKW-Schlange wartet auf die Zollabfertigung. Aber - Sonntags geschlossen. Na super. Unsere Crew stört das aber nicht. Im Affen-Tempo rasen wir einfach quer über die Steppe an dem Grenzposten vorbei. Wen interessiert´s? Bissl Angst haben wir schon, aber es folgen uns keine schwer bewaffneten Grenzbeamten. Glück gehabt. Wir wollen ja auch nicht nach China, sondern wir wollen nach Tash-Rabat, eine alte Karawanserei an der Seidenstraße. Am frühen Abend erreichen wir unseren Lagerplatz in der Nähe von Tash-Rabat. Die Jungs haben noch Energie, um einen der umliegenden Hügel zu erklimmen, und von dort aus einen super Sonnenuntergang zu erleben.